Undersound

Undersound

Moritz Fehr
08.04.2015 – 07.06.2015

Mit der Ausstellung Undersound von Moritz Fehr (*1981, lebt in Berlin) wird der 550 Jahre alte Kehrwiederturm zu einer akustischen und bildlichen Beobachtungsstation für Strom, seinen Fluss und seine konkret-materiellen Seiten. Fehr machte unter anderem Tonaufnahmen in einem Hildesheimer Umspannwerk. An diesem für die städtische Versorgung zentralen Ort wird Strom hörbar: Der Klang von 50 Hertz, also der Frequenz des Wechselstroms, erfüllt als durchdringendes Brummen den Raum. Strom bestimmt nahezu jeden Bereich privaten und öffentlichen Lebens, ist dabei allgegenwärtig, unauffällig und selbstverständlich. Der mit verschiedenen Mikrophonen aufgenommene Klang wird im Kehrwiederturm in eine physische Erfahrung des für menschliche Ohren meist nicht wahrnehmbaren Stromnetzes übersetzt, das die ganze Stadt beziehungsweise große Teile der Erde durchzieht. 

Eine Betrachtung der Wege, welche der Strom nimmt, führt von der heimischen Steckdose über Verteilerpunkte an der Straße bis zu Umspannwerken und von dort aus zu Überlandleitungen. Eine weitere Verfolgung des Netzes führt zu den verschiedenen Arten von Kraftwerken, Solarzellen oder Windrädern, von dort aus zu Kohle, Sonne und Wind und damit zur unauflösbaren Verknüpfung von Kultur und Natur. Angesichts einer Steckdose ist diese eher abstrakt, konkret jedoch wird sie bei Blicken in die von Strommasten und Windrädern durchzogene Landschaft oder auf Kupferminen, die den ehemals wichtigsten Rohstoff für die Herstellung von Kabeln lieferten (heute bestehen die meisten Kabel aus Aluminium). Als Teil der Auseinandersetzung mit einer nicht sicht- und hörbaren Infrastruktur produziert Moritz Fehr einen Film über eine stillgelegte Gold- und Kupfermine in den USA. Dieser Ort repräsentiert die Ursprungsorte, an denen die Rohstoffe für diese Infrastruktur mit großem Aufwand gewonnen werden. Der Film wird stereoskopisch, also mit 3D-Technik aufgenommen, der Sound so bearbeitet, dass eine räumliche Wirkung entsteht. Die hyperreale Darstellung von Landschaft mittels Raumbild und Raumton betont die Annahme, dass die Existenz einer unberührten Natur eine Fantasie ist: Mensch, Technik und Natur sind grundlegend und auf vielschichtige Arten und Weisen miteinander verwoben. Durch den gezielten Einsatz technischer Verstärkung und verschiedener Aufnahmeverfahren thematisieren Moritz Fehrs Arbeiten auch die radikale Erweiterung menschlicher Sinne durch Technologie – und damit die Perspektive, durch technische Vermittlung andere Zugänge zu einer nur scheinbar stillen Umwelt zu finden. 

Moritz Fehr (*1981, lebt in Berlin) arbeitet in den Bereichen der Sound Art und des Experimentalfilms. Fehrs Arbeiten wurden u.a. in folgenden Institutionen gezeigt: Arko Art Center (Seoul), The Museum of Jurassic Technology (Los Angeles), European Media Arts Festival (Osnabrück), After the Butcher (Berlin), Ethnologisches Museum (Berlin) und Kunstsaele (Berlin). Zwei seiner Soundinstallationen sind permanent im Jerusalem Panorama (Altötting) und Velaslavasay Panorama (Los Angeles) installiert. 

Kuratiert von Kathrin Meyer in Zusammenarbeit mit Nora Brünger, Nada Schroer, Cara Schröder und Francisco Vogel.