Der Begründer der Informationstechnologie Norbert Wiener beschrieb 1950 in seinem Buch The Human Use of Humans (dt. als Mensch und Menschmaschine) die Funktionsweisen von Menschen und Maschinen als „vollkommen parallel“. Im Jahr 2013 benutzt die Philosophin Rosi Braidotti den Begriff der „Durchdringung“, um das Verhältnis von Mensch und Maschine zu beschreiben. Der Mensch ist keine Maschine und die Maschine kein Mensch, doch sind sie auf verschiedenen Ebenen miteinander verwoben und vernetzt. Angefangen beim Versenden von Emails über die Herzschlag-Kontrolle im Fitness-Studio, die Pflege von Roboter-Staubsaugern bis hin zu implantierten Herzschrittmachern: Der Mensch steht in Verbindung mit Apparaten, die seinen Körper erweitern, ihn überwachen, optimieren und entlasten. Auch die Arbeitswelt ist geprägt von Apparaten: Einer Untersuchung zufolge sind 40 % der Arbeitsplätze in den USA ersetzbar durch Roboter. Ob Maschinen denken und fühlen könnten, inwiefern sie über eine eigene Evolutionsgeschichte verfügen und auf welche vielfältigen Arten Menschen Maschinen betrachten, imaginieren und verwenden, ist derzeit ein viel diskutiertes Thema in den Medien, den Künsten und der Wissenschaft. Die digitale Revolution, der rasante Anstieg von Daten über Mensch, Flora und Fauna sowie die Fortschritte in Robotik und Prothetik erregen sowohl Faszination als auch Widerstand oder sogar Furcht.
Im Privaten aber geben wir unseren Computern Namen und können uns nur schwer von alten Geräten trennen. Wir kümmern uns um digitale Wesen wie Tamagotchis und finden Roboter irgendwie süß. Wir wollen den perfekten Körper, dessen dysfunktionale Einzelteile ersetzt und ausgebessert werden können. Wir schaffen die Sterblichkeit ab. Wir lieben die Maschinen wie unseren Nächsten und schaudern bei dem Gedanken, dass wir am Ende lediglich uns selbst in der Versenkung in Plastik und Metall begegnen. Auf der träumerischen Suche nach einem Gegenüber oder im Gegenteil nach einer nicht mehr vorhandenen technologiefreien Natur zeigt sich jedoch noch eine andere, unterentwickelte Möglichkeit: die Maschine in ihren spezifischen Potenzialen und Eigenheiten zu begreifen, zu verwenden und zu vermitteln.
Die Ausstellung Liebe Deine Maschine erzählt von Verführung, Faszination und symbiotischen Verstrickungen. Yuri Ancaranis Film-Trilogie La malattia del ferro ("Die Eisenkrankheit", 2010–2012) etwa zeigt Facetten von Mensch-Maschine- Interaktionen in der Arbeitswelt. Kate Cooper kreiert hyperreale digitale Körper, die menschliche Gesten einzuüben scheinen. Dazu singt Yannick Richters Chor der Floppy Disks von "Tainted Love". Neben den Arbeiten der teilnehmenden Künstler*innen werden Videos von anonymen Internet-Nutzern, einer Auswahl von Science-Fiction-Literatur und wissenschaftlichen sowie journalistischen Texten zu Cyborgs, Robotik, und Human-Computer-Interaction gezeigt.
Kuratiert von Kathrin Meyer in Zusammenarbeit mit Nora Brünger, Nada Schroer, Cara Schröder und Francisco Vogel.